Strahlkühlung

Strahlkühlung
Strahlkühlung,
 
Beschleunigerphysik: die Verringerung der Differenz zwischen mittlerer kinetischer Energie oder mittlerem Impuls der Teilchen eines Teilchenstrahls in einem Beschleuniger und dem zugehörigen Sollwert. Die Notwendigkeit zur Strahlkühlung ergibt sich daraus, dass einerseits die Beschleunigeranlagen für jeweils bestimmte Teilchenbahnen, die Sollbahnen, konzipiert sind, auf denen sich die Sollteilchen mit bestimmten Werten von Ort und Impuls bewegen, dass aber andererseits die jeweils in Teilchenpaketen (englisch bunches) zu beschleunigenden Teilchen aufgrund der Mechanismen ihrer Erzeugung in den entsprechenden Quellen und durch Stöße mit dem Restgas in der Vakuumkammer des Beschleunigers Abweichungen von den Sollwerten, d. h. eine Verteilung um den durch das jeweilige Sollteilchen definierten Punkt im Phasenraum aufweisen. Die Verteilung der Energie beziehungsweise des Impulses um den jeweiligen Sollwert kann man in Analogie zu einem Gas mit dem Begriff der Temperatur beschreiben, und dementsprechend wird eine Verringerung einer solchen Verteilung in einem Teilchenstrahl als Strahlkühlung bezeichnet. Es gehört zwar zum Stabilitätsverhalten eines Beschleunigers, dass er jeweils Teilchen innerhalb eines bestimmten Phasenraumvolumens zur Beschleunigung akzeptieren kann (Akzeptanz), Teilchen außerhalb dieses Volumens gehen aber für die Beschleunigung verloren.
 
Während ein Elektronenstrahl in einem Kreisbeschleuniger sich durch Synchrotronstrahlung von selbst abkühlt, muss in anderen Fällen (v. a. bei Antiprotonen) die Strahlkühlung durch besondere Maßnahmen herbeigeführt werden. Bei der von G. I. Budker 1966 vorgeschlagenen Elektronenkühlung wird ein in einem Speicherring zirkulierender Teilchenstrahl in einem feldfreien Abschnitt mit einem »kälteren« Elektronenstrahl in Kontakt gebracht, dessen Elektronen die gleiche mittlere Geschwindigkeit und Richtung haben wie die anderen Teilchen. Diese kühlen sich durch Impulsübertragung in Stößen mit den Elektronen ab. Am Ende der Kontaktstrecke wird der Elektronenstrahl wieder ausgekoppelt und, sofern die Elektronen erneut zur Strahlkühlung verwendet werden sollen, in einem Speicherring durch Synchrotronstrahlung gekühlt. Bei der von S. van der Meer 1968 vorgeschlagenen stochastischen Strahlkühlung wird an bestimmten Stellen des Beschleunigers die augenblickliche Abweichung des über alle Teilchen gemittelten Ortes vom Sollwert gemessen. Mit dem jeweiligen Messsignal wird ein Strahlablenker angesteuert, durch den der Schwerpunkt des Teilchenpaketes, von dem das Signal stammt, in Richtung Sollwert gelenkt wird. Bei dieser Methode werden zwar jeweils alle Teilchen in die gleiche Richtung gelenkt, aber da die Steuersignale auf statistischen Schwankungen beruhen, ist der Gesamteffekt nach dem Durchlaufen vieler Steuerzyklen eine Kühlung des Strahls. - Die Strahlkühlung ist v. a. vor der Beschleunigung von Antiteilchen wichtig, weil diese durch die Art ihrer Erzeugung (Kollision primärer Strahlteilchen mit Targetteilchen) eine starke Streuung sowohl der Energie als auch der Richtung aufweisen. Eine der Strahlkühlung entsprechende Form der Kühlung wird an Teilchen in Paul-Fallen mittels durchstimmbarer Laser erzielt (Laserkühlung).

Universal-Lexikon. 2012.

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